Themenbereich Konfliktmanagment / Gewaltprävention
- mit Unterschieden leben lernen

(Arbeit an der Schule)



Stand Sommer 2000:

Projekt Streitschlichtung / Mediation

Projekt SOS Rassismus

Projekt Ohne Gewalt stark

Arbeit mit ganzen Klassen

Intervention bei Konflikten in Schulklassen

Wie geht es weiter

Management of Diversity
 
 
 
 

Bochum, den 4.6.2000

Auszug aus dem  Bericht über die Arbeit an unserer Schule in den Bereichen "Streitschlichtung / Mediation", "SOS-Rassismus", das Projekt "Ohne Gewalt stark" beim Kommissariat Vorbeugung und unsere "situationsorientierte Präventionsarbeit mit ganzen Klassen: Krisenintervention bei Konflikten"

Ein Schwerpunkt unseres Schulprogramms ist der Bereich des sozialen Lernens, der Vermittlung sozialer Kompetenzen, das die SchülerInnen in die Lage versetzt, die je unterschiedlichen Kommunikations- und Handlungsprozesse, in die sie eingebunden sind, in freier Entscheidung und Verantwortung mitgestalten zu können (siehe Orientierungsrahmen).

Um diesem Ziel näher zu kommen, haben wir uns in den vergangenen Jahren ein Geflecht geschaffen von - Konfliktmanagement

- peer education (z.B. Mediation für SchülerInnen durch SchülerInnen)

- Gewaltprävention

- Management of Diversity (Umgang mit Vielfalt)

- Gesunde Schule (z.B. Klassenklima) ...,

in dem alles darauf hinaus läuft, einer "Kultur der Akzeptanz" den Boden zu bereiten. Wie die konkrete Umsetzung der Arbeit hierzu an unserer Schule in den unterschiedlichen Bereichen aussieht, an welchem Punkt der Entwicklung wir uns befinden und auch welche Perspektiven wir sehen, soll im folgenden dargestellt werden.

zurück zum Inhalt

Zum Projekt Streitschlichtung / Mediation:

- Warum eigentlich Streitschlichtung / Mediation - und wie funktioniert es?

Die Idee, dieses Konzept in der Schule einzuführen, ist, den Schülerinnen und Schülern eine Alternative anzubieten zur sonst im normalen Schulalltag notgedrungen eher üblichen `Konfliktregelung zwischen Tür und Angel´.

Mediation in der Schule sieht so aus, dass ausgebildete StreitschlichterInnen / MediatorInnen ihren in der Regel jüngeren MitschülerInnen helfen, ihre Konflikte so zu regeln, dass am Ende beide Konfliktparteien mit der gefundenen Lösung zufrieden sind.

Dabei kommt es darauf an, dass die KontrahentInnen selbst die Lösung finden - sie wissen am ehesten, was ihnen jeweils wichtig ist. Dass es ihnen gelingt, das auch wirklich herauszufinden und sich gegenseitig sagen zu können, ist die Aufgabe der MediatorInnen. Sie leiten das streng strukturierte Schlichtungsgespräch, schlagen Regeln vor, die für das Gespräch gelten sollen und sind am Ende, wenn es darum geht, sich auf Lösungen zu einigen, diejenigen, die den KontrahentInnen die Frage stellen, ob das auch wirklich realistisch ist, was sie sich für den zukünftigen Umgang miteinander vorgenommen haben. Die Devise ist immer: so konkret wie möglich - gut gemeinte Absichtserklärungen wie "Ich werde mich am Kiosk nie mehr vordrängeln / niemanden mehr schubsen ... " sind aller Erfahrung nach im Alltag schwer einzulösen. Ein Nahziel wie: „Ich frage das nächste Mal nach, ob der andere das wirklich so sieht wie ich es vermute ..." wird dagegen eher `akzeptiert´. Wichtig ist noch, dass der gesamte Prozess nicht an dieser Stelle endet, sondern mit der Nachbesprechung, die im Abstand von einigen Wochen stattfindet (erhöht die Verbindlichkeit und gewährleistet die Evaluierung der Arbeit).

Der hier skizzierte Ansatz der Konfliktregelung versucht, sich von herkömmlichen Mustern und Einordnungen zu lösen, um im Sinne der Zielorientierung zu einer möglichst variantenreichen Lösungsvielfalt zu gelangen. Dazu ist es unerlässlich, dass Kategorien wie `Wer ist Täter?´ - `Wer ist Opfer?´ oder auch die Frage `Wer hat Schuld?´ so nicht mehr gelten. Sie wirken sich in Prozessen konstruktiver Konfliktlösungen eher einschränkend und blockierend als förderlich aus.

Insgesamt verfolgen wir mit dem Konzept Streitschlichtung durch SchülerInnen (und dem damit verbundenen neuen Konfliktverständnis) ein Konfliktmanagement, das dazu beiträgt, dass Konflikte grundlegender und auch nachhaltiger geregelt werden, als dies im normalen Schulalltag möglich ist. Über die Problemlösung der konkreten Fälle hinaus sehen wir das Erlernen und Anwenden konstruktiver Konfliktlösungen als weiteren Schritt in die Richtung einer Kultur der Akzeptanz an.

- Zur Situation an unserer Schule

Die ersten MediatorInnen haben an unserer Schule ihre Ausbildung im Herbst 1996 begonnen (Ausbildungslehrerinnen: Hubbig/Meurer) und die Streitschlichtung ab März 1997 angeboten. Es waren SchülerInnen aus den Jahrgängen 8, 9 und 10.

Die Basis-Ausbildung umfasste ca. 40-50 Stunden. Danach hat die Gruppe Konzepte entwickelt, wie die Streitschlichtung in unserer Schule implementiert werden kann und hat das Ganze daran anschließend organisatorisch umgesetzt.

Die Streitschlichtung wurde zunächst schwerpunktmäßig den Klassen 5 und 6 angeboten. Diese erste Gruppe hat an 3 Tagen in der Woche jeweils in einer großen Pause ihren Dienst angeboten und zusätzlich Sondertermine vereinbart. Mit Ablauf des Schuljahrs 1998/99 haben die letzten Mitglieder der Gruppe diesen regelmäßigen Dienst beendet.

Die neu ausgebildeten StreitschlichterInnen (alle Jahrg. 9) haben nach den Osterferien 1999 ihre Arbeit aufgenommen. Wir können in diesem Schuljahr einen täglichen Bereitschaftsdienst in der ersten großen Pause anbieten. Zusätzliche Termine sind nach Absprache möglich.

Die Gruppe trifft sich weiterhin zur Supervision und weiteren Qualifizierung. Parallel dazu beginnt in absehbarer Zeit die Ausbildung des nächsten Durchgangs.

... und so hat sich das neue Team an unserer Schule vorgestellt:

Wenn zwei sich streiten ... sind wir die Richtigen!

Konflikte lösen - geht das überhaupt?

Wir - das neue Schlichtungsteam - haben in unserer Ausbildung eine ganze Menge Erfahrungen gesammelt. Wir haben Vieles ausprobiert und rausgefunden, was beim Lösen eines Konflikts richtig hilfreich ist - für alle Beteiligten - haben aber auch gesehen, was die Streitenden keinen Schritt weiter bringt.

Wir möchten dieses neu Gelernte natürlich nicht nur für uns behalten, sondern mit euch zusammen im wirklichen Leben auch anwenden.

Habt aber keine Angst, dass wir euch jetzt erzählen wollen wo´s langgeht. Eure Probleme müßt ihr schon selbst lösen. Wir können euch als unbeteiligte Dritte nur dabei helfen eine Lösung zu finden, mit der alle Beteiligten zufrieden sind.

Dazu gehört auch, dass wir nicht versuchen, einen Schuldigen zu finden. Und natürlich bleibt alles, was ihr uns erzählt, unter uns.

Wenn ihr also Streit mit euren Mitschülern oder Lehrern habt, dann schaut doch mal bei uns vorbei! Ihr findet uns in jeder 1. großen Pause im Schlichtungsraum, neben dem Sekretariat.

Ihr könnt auch gerne vorbeikommen, wenn ihr mehr wissen wollt über die Streitschlichtung!

Bis dann,

eure ......

P.S. : Nicht nur unsere beiden Esel haben den Bogen raus!

zurück zum Inhalt

Zum Projekt SOS-Rassismus

Der Auftakt zu diesem Projekt war der Friedenstag 1997 an unserer Schule. Neben dem Zeitzeugen Sally Perel, der einigen SchülerInnen und LehrerInnen Anstoß für politisches Handeln gegeben hat, hat Ralf-Erik Posselt uns in einem Impuls- Training das Villigster Konzept zur Deeskalation von Rassismus und Gewalt vorgestellt. Daran anschließend hat sich das SOS-Rassismus-Team gebildet. Es hat sich vorgenommen etwas dafür zu tun, damit Gewalt und Rassismus an unserer Schule weniger vorkommen.

Die Arbeit dieser Gruppe umfaßt: weitere 1 bis 2-tägige Wochenend-Seminare zum Thema (durchgeführt von: R.-E. Posselt, H. Blum vom Kölner Trainingskollektiv für Gewaltfreiheit und kreative Konfliktlösung und I. Hubbig), Teilnahme an Veranstaltungen wie Civis-Tag oder Fachtagungen wie "Gemeinsam gegen Rassismus", veranstaltet vom Ministerium für Arbeit Gesundheit und Soziales, wo wir eingeladen waren, um unseren Friedenstag vom 7. Mai 1997 mit Sally Perel vorzustellen - aber auch die Vorbereitung und Initiierung von Veranstaltungen an unserer eigenen Schule. So wurde in der Planungs- und Vorbereitungsgruppe für die Friedenstage 1998 und 1999 mitgearbeitet. Im Herbst 1997 und 1998 wurden jeweils im Rahmen der "Interkulturellen Wochen in Herne" Veranstaltungen an unserer Schule durchgeführt.

Auch die Zusammenarbeit unserer Schule mit dem Kommissariat Vorbeugung, das in allen Klassen der Jahrgangsstufe 8 einen Projekttag zur Gewaltprävention durchführt (s.u.), ist von der Gruppe begleitet worden. Das SOS-Rassismus-Team hat auch einen solchen Projekttag mitgemacht und anschließend daran mitgearbeitet, wie dieses Konzept an unserer Schule weiterbegleitet werden kann.

Die Gruppe hat mit dieser Arbeit für das Schulleben unserer Schule in den Bereichen `soziales Lernen, Schulklima, Konfliktmanagement ...´ Akzente gesetzt, die unsere Arbeit in diesen Bereichen vorangebracht haben.

zurück zum Inhalt

Zum Projekt "Ohne Gewalt stark" beim Kommissariat Vorbeugung für alle Klassen der Jahrgangsstufe 8

Unsere Schule nimmt seit zwei Jahren das Angebot des Kommissariats Vorbeugung wahr, unsere eigenen Bemühungen zur Gewaltprävention zu unterstützen. Ein wichtiges Ziel des Projekttages im Kommissariat Vorbeugung ist es, zur Förderung der Zivilcourage beizutragen. Die Grundannahme hierbei ist: „Gewalt kann verhindert werden, wenn gehandelt und nicht weggesehen wird." Wie das in der Praxis aussehen kann, dazu soll der Projekttag Anregungen geben.

Inhaltlich geht es an dem Projekttag mit Herrn Tigges oder Herrn Franke um Übungen und Rollenspiele zu unterschiedlichen Themen aus dem Bereich der Gewalt vor dem Hintergrund der von den SchülerInnen erlebten Realität.

Damit die Arbeit im schulischen Kontext sinnvoll vorbereitet und auch fortgesetzt werden kann, werden die Klassen von mindestens einer Lehrperson begleitet, die sich möglichst auch auf diese Art der Arbeit einlassen kann. Auf Wunsch stehen Herr Tigges oder Herr Franke auch für Nachbesprechungen in den Klassen und zur Vorstellung des Konzeptes bei Eltern oder der Lehrerschaft zur Verfügung.

Zur weiteren Kooperation siehe Projekt SOS-Rassismus.

zurück zum Inhalt

Zum Projekt "situationsorientierte Präventionsarbeit mit ganzen Klassen: Krisenintervention bei Konflikten"

Aus dem bisher Beschriebenen geht hervor, dass sich im Laufe der Zeit an unserer Schule ein neuer Arbeitsschwerpunkt entwickelt hat, die Arbeit mit ganzen Klassen bei Konflikten.

Entstanden ist dieser neue Schwerpunkt dadurch, dass wir an zwei Punkten in unserem schulischen Angebot Defizite ausgemacht haben. Der erste Punkt ist, dass das gängige Modell der Streitschlichtung durch SchülerInnen zu kurz greift, wenn es um komplexe Konfliktlagen in ganzen Klassen / Gruppen geht. Als zweites konnten wir feststellen, dass das Deeskalationsprogramm des Kommissariats Vorbeugung zwar sehr gut ankommt, es allerdings nicht die alleinige Maßnahme in diesem Bereich bleiben darf. Es hat sich für uns gezeigt, dass das Programm sehr gut geignet ist, die SchülerInnen für dieses Thema zu interessieren und auch zu sensibilisieren. Wenn es allerdings darum geht, in den Lebensbereichen der SchülerInnen selbst Veränderungen zu erreichen, muss mehr geschehen. Auf diese Erkenntnisse aufbauend hat sich die konkrete Arbeit in ganzen Klassen an den eigenen Konflikten der SchülerInnen als recht erfolgversprechend erwiesen.

Die Klassenmoderationen und Workshops mit ganzen Klassen führen die Projektleiterinnen der SOS-Rassismus Arbeit, Hubbig und Scheller, durch. Wenn dem keine schulischen Verpflichtungen entgegen stehen, nehmen auch jeweils ein bis zwei StreitschlichterInnen bzw. Mitglieder des SOS-Rassismus-Teams teil. Diese Einrichtung hat sich so weit etabliert, dass wir ziemlich kontinuierlich angefragt werden.

Warum diese Arbeit sich in bestimmten Situationen anbieten kann und wie sie aussehen kann, soll im folgenden versucht werden zu schildern.

- Warum mit ganzen Klassen arbeiten - und wie kann das aussehen?

Ein wesentliches Ziel auch dieser Arbeit ist es, zur Förderung der Zivilcourage beizutragen (siehe Orientierungsrahmen und `Ohne Gewalt stark´).

Unser inhaltlicher Anspruch: Wir wollen Veränderungsprozesse im Bewußtsein und Handeln aller beteiligten Personen (den begleitenden LehrerInnen und den SchülerInnen sowie langfristig auch bei den Eltern) schaffen in Bezug auf Konfliktregelungs-Kompetenz und den Aufbau einer Kultur der Akzeptanz. Mit Unterschieden leben lernen (ein Themenschwerpunkt unserer Workshops) z.B. heißt unter anderem auch: lernen als BündnispartnerIn zu handeln. Wie dies geschehen kann, soll gemeinsam entwickelt werden.

Unsere Grundannahmen: Konflikte konstruktiv zu lösen, als BündnispartnerIn zu handeln, muß gelernt werden - von Jugendlichen und Erwachsenen. Im gängigen Alltagsverhalten gibt es wenig Handlungsmuster hierfür. Moralische Appelle, Belehrung, Informationsvermittlung ... tragen wenig zu Einstellungs- und Verhaltensänderung bei. Über den Weg des Erfahrungslernens können neue Handlungsmuster ausprobiert und eingeübt werden.

Insgesamt hat es sich als sinnvoll erwiesen, ganze Klassen in ihrer Konfliktbearbeitung zu begleiten. Auch wenn die Arbeit in der Streitschlichtung mit einzelnen Konfliktparteien gute Erfolge zeigt, gibt es häufig genug Fälle, bei denen deutlich wird, dass sich für die einzelnen u.U. neue Probleme abzeichnen, die sich durch die Konstellationen ergeben, die in ihrer Klasse vorherrschen. Das hält in der Tat auch viele SchülerInnen davon ab, die Streitschlichtung überhaupt in Anspruch zu nehmen, weil sie sich eine grundlegende Verbesserung in ihrem gesamten Umfeld nur schlecht vorstellen können. Konkret heißt das: "Selbst wenn wir etwas anderes wollen - einige wenige bestimmen das Geschehen in der Klasse. Wenn wir nicht ganz untendurch sein wollen, machen wir besser mit." Hier reicht m.E. die traditionelle Konfliktbearbeitung in Form der Mediation mit einzelnen Beteiligten allein nicht aus. Das Bewusstmachen und Arbeiten am Thema "Machtkonstellationen" kann beispielsweise eine gute Unterstützung sein. Ziel einer solchen Arbeit muss sein, dass die vielen, die nicht zu denjenigen gehören, die die Geschehnisse in der Hauptsache beeinflussen, sich ihrer Macht und der Möglichkeit der Einflussnahme bewusst werden und auch lernen, sie zu nutzen. Das ist aber viel leichter gesagt als getan. Ein gutes Mittel, auf neue Verhaltensweisen ersteinmal zu kommen (hier ist viel Phantasie gefragt) und das Ganze dann auch noch einzuüben, ist das sogenannte Eingreif-Theater, das Augusto Boal entwickelt hat. Die Idee, die dahinter steckt, ist: Wenn ich etwas im Spiel schon einmal ausprobiert habe, habe ich ganz gute Chancen, dass mir in der Realität auch verschiedene Verhaltensmöglichkeiten überhaupt einfallen. Bei angemessenem Training ist dann der nächste Schritt: der Einsatz in der Realität.

zurück zum Inhalt

Hier einige Beispiele für Themen zu denen wir bisher gearbeitet haben in dem Projekt „Gewaltprävention konkret: Intervention bei Konflikten in Schulklassen

Eine Klasse hat Probleme ..."

Fall A, Klasse 5: Ein Störenfried unter uns - "wo Thomas (Name geändert) auftaucht, gibt es immer Probleme".

Fall B, Klasse 8: "Hilfe, wir kommen nicht miteinander klar" - der Graben zwischen Klasse und Lehrerin verfestigt sich.

Fall C, Klasse 8: "So wollten wir das doch nicht" - Eine Klasse ist erschrocken über das eigene Verhalten: Ein Fall von Ausgrenzung.

Fall D, Klasse 7: Noch ein Fall von Ausgrenzung - "... und überhaupt wünschen wir uns eine bessere Klassengemeinschaft und weniger Unterrichtsstörungen"

Fall E, Klasse 5: Prügeln, Klauen, Ärgern, Beleidigen - wir wollen eine bessere Klassengemeinschaft. Wie können wir unsere Probleme selbst besser in den Griff kriegen?

Fall F, Klasse 7: "Unsere Klasse besteht aus kleinen Grüppchen, die sich gegenseitig das Leben schwer machen. Wie kriegen wir eine Klassengemeinschaft - wie können wir mit Konflikten besser umgehen?"

Fall G, Klasse 9: "Wie sag ich´s meinem Lehrer?" - Die Unterrichts- situation wird von Klasse und Lehrer unterschiedlich gesehen. Dazu möchte sich die Klasse mit dem Lehrer auseinandersetzen.

Sieben Fälle - sieben Angebote an die Klassen, wie sie ihre Probleme in den Griff bekommen können.

Die Fälle A, B und G beschreiben (reine) Klassenmoderationen bei Konflikten. Zeitbedarf: ca. 2-2 1/2 Stunden - in Ausnahmefällen, wenn mehrere Sitzungen anberaumt werden müssen, deutlich mehr. In den Fällen C, D, E und F geht es um 2 bis 2 1/2 - tägige Workshops, in denen es häufig darum geht, wie man Konflikte besser regeln kann, wie man eine bessere Klassengemeinschaft erreichen kann und auch immer wieder geht es um Ausgrenzung und wie damit umzugehen ist. Insgesamt wünschen sich die SchülerInnen Wege zu finden, wie die Klassengemeinschaft und die Arbeitssituation in der Klasse verbessert werden können.

Schnell hat sich herumgesprochen, dass wir über all diese Dinge nicht in erster Linie reden und diskutieren, sondern Spiele und Übungen machen, um auf diese Weise gemeinsam Wege und Lösungen zu finden, mit denen alle Beteiligten zufriedener sind.

Am Ende eines zweitägigen Workshops steht meistens die Behandlung eines konkreten Falles aus der Klasse, den wir in der Form des Eingreif-Theaters bearbeiten.

Wie im Bereich der Mediation hat sich auch hier gezeigt, dass ein streng strukturierter Ablauf des gesamten Prozesses unerlässlich ist. Die folgende Vorgehensweise, die wir im Laufe unserer Arbeit mit ganzen Klassen entwickelt haben, hat sich als sinnvoll erwiesen.

Hier ein Überblick über die verschiedenen Schritte:

1. Erste Kontaktaufnahme

In der Regel sprechen uns (Hubbig/Scheller) die KollegInnen an, ob wir mit ihrer Klasse unser "Konfliktprogramm" / unseren "Workshop" machen können. Sie schildern kurz aus ihrer Sicht die Situation in der Klasse und gegebenenfalls den akuten Anlass, der zur Kontaktaufnahme geführt hat.

2. Auftragsklärung mit den LehrerInnen

Nach weiteren Klärungen und Absprachen mit den beteiligten LehrerInnen raten wir entweder dazu, doch zunächst andere Instrumente einzusetzen (z.B. Bearbeitung von Einzelkonflikten in der Streitschlichtung) oder entschließen uns, den Auftrag anzunehmen, unter dem Vorbehalt, dass auch die Klasse dies so wünscht. Wir stellen im Verlauf der Klärung den KollegInnen die Grundprinzipien unseres Arbeitsansatzes vor:

a) Wir bezeichnen unsere Arbeit als situationsorientierte Präventionsarbeit. Das bedeutet: Es wird an den eigenen Problemen der Zielgruppen lösungsorientiert gearbeitet. Dabei gilt das Prinzip des Erfahrungslernens. Das beinhaltet, dass grundsätzlich die SchülerInnen selbst Antworten finden zu den Konflikten / Problemen, die sie im Moment haben. Die Übungen und Spiele, die die SchülerInnen und ihre LehrerInnen während des Workshops machen, sind die Grundlage für die Antworten, die wir alle gemeinsam entwickeln.

b) Der Weg danach muß begleitet werden. Die Erkenntnisse, die die SchülerInnen gewonnen haben, das, was sie sich vorgenommen haben, sollte immer wiederzum Thema gemacht bzw. einfach im normalen Schulalltag berücksichtigt werden. Das ist leichter, wenn man sich gegenseitig daran erinnert. Daraus ergibt sich c.

c) Die Teilnahme von LehrerInnen der Klasse ist unverzichtbar. Die Erfahrung hat gezeigt, dass KlassenlehrerInnen und VertreterInnen der Fächer Deutsch oder auch Politik die Wegbegleitung gut übernehmen können. Oberster Grund-satz sollte allerdings sein, dass die LehrerInnen für sich abschätzen sollten, ob sie sich auf diese Art der Arbeit einlassen können und auch wollen.

3. Auftragsklärung mit der Klasse

Hier gilt es, der Klasse deutlich zu machen, dass es für uns wichtig ist, ihre Probleme / Konflikte genauer kennenzulernen und zwar aus ihrer Sicht. Nur so können wir ihnen auf ihre Situation abgestimmte Bausteine anbieten. Wenn das abgeschlossen ist, brauchen wir den Auftrag, die geplante Maßnahme durchzuführen, auch von der Klasse. Zum Zustandekommen des Auftrags gehört auch, dass sich alle Beteiligten auf die Einhaltung der Basis-Regeln einigen.

4. Organisatorisches

Hier geht es um die Informierung der Eltern über das Vorhaben / einen geeigneten Raum zu finden / KollegInnen rechtzeitig zu informieren (keine Klassenarbeiten an diesen Tagen ansetzen) und auch zu klären, wer letztlich sinnvollerweise teilnehmen sollte.

Danach folgt der Workshop, der damit abschließt, was die Klasse sich vornimmt, um ihre ursprünglichen Vorstellungen weiter zu verfolgen, d.h. zu realisieren.

Wie bei der Streitschlichtung gehört auch hier zum unmittelbaren Prozess die Nachbesprechung, bzw. noch mehrere Rückkopplungstermine. Wir signalisieren, dass wir weiterhin an dem Fortgang des Prozesses interessiert sind und natürlich auch für eine weitere Begleitung ansprechbar sind.

zurück zum Inhalt

Wie geht es weiter?

Die Stärke unserer Arbeit, so hat sich gezeigt, liegt in der Bandbreite und der Adressatenorientierung des Angebots. Dies lohnt sich auszubauen. Wir möchten weiterhin in den Bereichen der gewaltpräventiven Klimaverbesserung und des Konfliktmanagements unser `nachfrageorientiertes Service-Angebot´auf die Bedürfnislagen der Nachfragenden ausrichten. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass wir SchülerInnen, LehrerInnen und auch Eltern Angebote machen können für die je unterschiedlichen Problemlagen und sind der Meinung, dass ein solches Konzept auch nur so Chancen hat, sich im Schulleben zu etablieren. Auch die bewußt im sehr frühen Bereich der Prävention angesiedelte Arbeit hat sich aus unserer Sicht als sinnvoll erwiesen. Die Chancen auf Veränderungsprozesse sind hier am wahrscheinlichsten. Da dies auch gerade in diesem Bereich angefragt wird, sollten wir dieses Interesse nutzen und das Angebot weiter ausbauen.

Abschließend noch ein Hinweis auf die Entwicklung der Arbeit, die sich in den letzten Monaten ergeben hat:

- Auch in Zusammenarbeit mit dem Kommissariat Vorbeugung bietet unsere Schule als Pilotprojekt für zwei Klassen 8 `Selbstbehauptung für Mädchen´ an. Es wird versucht, dies auf alle Klassen 8 auszuweiten. Als Ergänzung hierzu wird überlegt, ob und in welcher Form parallel Jungenarbeit für die Jungen der Klassen 8 angeboten werden kann.

- Im Bereich der Konfliktarbeit sammeln wir gerade unsere ersten Erfahrungen bei den Konflikten zwischen Klasse und LehrerIn. Die Rückmeldungen der Beteiligten sind mit ausschlaggebend dafür, auch diesen Bereich weiter auszubauen.

- Anfang April 2000 haben wir eine schulinterne Lehrerfortbildung durchgeführt, die das Ziel hatte, die Lehrerinnen und Lehrer selbst mit Kernaspekten der Workshops vertraut zu machen und vor allen Dingen auch, mit ihnen gemeinsam Konzepte zu entwickeln, wie die Klassen im Anschluss an solch einen Workshop weiter begleitet und unterstützt werden können.

Ingrid Hubbig

zurück zum Inhalt
Kurzbeschreibung des Konzepts `Management of Diversity

home